..

Der rechte Sitz muss als Gepäckraum herhalten

Ein Reise­bericht von Rudolf Kunkel

Jersey – ach ja – die Insel im Kanal – was? Da willst Du hin? Wie – mit der kleinen Katana?

Die britische Kanalinsel Jersey als Ziel hatte ich schon lange im Kopf. Aber geht das denn unter VFR ? Nun ja – es ging – Ende August 2017 stellte sich ein besonders schönes Hochdruckgebiet über Mitteleuropa ein.

Die Planung des Fluges sah eine Route von Aschaffenburg über Luxemburg und von dort nach Albert Bray (Haute de France) vor. Dort sollte getankt werden, um dann im zweiten Leg nach Jersey zu fliegen. Wer ins Ausland fliegt, muss sich mit den dort geltenden Vorschriften auseinandersetzen: Der Flugplatz Albert Bray verlangt eine PPR-Anfrage. Obwohl der Flugplatz am Tage des Hinflugs ab 13 Uhr (local) wegen Airshow Training gemäß NOTAM gesperrt war, bekam ich eine Ausnahmegenehmigung. Ich hatte Albert Bray gewählt wegen der Möglichkeit, den Funkverkehr in Englisch durchzuführen statt in Französisch, wie an vielen Plätzen in Frankreich.

.. Auf nach Westen mit guter Airspeed

Die Flug­pläne für die beiden Legs des Hinflugs waren aufgegeben und vorhanden. Und so konnte es dann auch losgehen. Der Flug verlief bei sehr schönem Wetter sehr ruhig und die Pferde im Rotax Motor der D-EMFH galoppierten bei 65% Reiseleistung brav vor sich hin. Die Wetterbedingungen waren optimal, gut getrimmt ging es in westliche Richtung. Doch die Ruhe war dahin, als ich den deutschen FIS-Bereich verlassen musste. Der Luxemburger Controller wollte mich nicht durch seine Kontrollzone lassen, und so musste ich mein erstes Holding vor der luxemburgischen Grenze fliegen. Endlich erfolgte die Freigabe, und ich konnte den luxemburgischen Luftraum durchqueren. Es ging weiter in Richtung Albert Bray, um nach 2,5 h den Tank zu füllen. Beim Anflug musste ich dann drei Standard Vollkreise am Pflichtmeldepunkt drehen, da eine Kunstflug Staffel gerade im Landeanflug war. Ich erinnerte mich an meine Ausnahmegenehmigung wegen Aerobatics und war froh, dieses Leg mit genug Treibstoff geplant zu haben.

 

Endlich unten – die Kunstflugstaffel, die „Roten Teufel“ („Diables Rouges“) aus Belgien mit fünf SIAI S 260, auch.

 

Und dann landet auch noch eine Beluga.

Nach der Landung ging es zum Tanken, was in diesem Fall durch die Feuerwehr vorgenommen wurde. Albert Bray ist Stützpunkt der Beluga-Transportflugzeuge, welche Airbus-Baugruppen zwischen den verschiedenen Fertigungsstätten in Europa transportieren. Es ist ein groß ausgelegter Flughafen mit wenig Passagieraufkommen. Nach Stärkung mit Automatenkaffee und etwas Fliegerschokolade ging es dann im zweiten Leg nach Jersey.

Untere Normandie – Rouen an der Seine

Mein Lieblingsfoto – St. Helier

Gutes Wetter begleitete mich Richtung Küste, und ich konnte die Insel bereits gut erkennen. Nicht mehr weit – Meldung bei Jersey Kontrollzone, und dann hieß es Freigabe bis Meldepunkt Carteret Lighthouse. Dieser war auf meiner Jeppesen mobile flight deck Karte jedoch leider nicht vorhanden. Aber wir sind ja im Sichtflug unterwegs, und nach Absuchen des Horizonts war der alte Leuchtturm auch schon zu sehen (Tipp: Immer auch die lokalen Informationen einsehen, wie bspw. den Channel Island Airspace VFR Flight Planning Guide). Am Leuchtturm durfte ich dann auch auf Anweisung von Jersey Tower einen Vollkreis unterhalb 1000 ft drehen, um eine im Anflug befindlichen Ryanair 737 Vorrang zu gewähren.

Endlich war ich dann an der Reihe und konnte direkt zur Right Base Zero-Niner fliegen, um auf die für Katana Verhältnisse riesige Landebahn mit einer Breite von 46 m und 1,7 km Bahnlänge zu landen. Nach dem Verlassen der Bahn kam dann schon die Rollanweisung zum Jersey Aero Club zur Parkposition auf einer großen Wiesenfläche. Dort wurde die D-EMFH entladen und verzurrt.

..

Unterkunft für vier Nächte, das Auto direkt neben dem Zelt

Für den Piloten folgte eine erste Stärkung im altehrwürdigen Club Haus, und das lange Wochenende auf der Insel konnte beginnen. Die Suche nach Hotel oder Pension für ein langes Wochenende war bereits zu Hause erfolglos. Also hatte ich mein Zelt – Marke „hinwerfen und es ist aufgebaut“ – mit im Gepäck.
Für die Leihe eines Mietwagens ging es zu Fuß zum Jersey Airport Terminal, das gut besucht war – es war das letzte Wochenende der englischen Sommerferien. Weshalb die Unterkünfte auch sehr rar waren. Schnell war dann auch der Campingplatz erreicht – trotz des gewöhnungsbedürftigen Linksverkehrs.

Jersey ist ein phantastisches Reiseziel mit vielen Sehenswürdigkeiten aus alter und neuerer Geschichte. Die Insel wurde im 2. Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht besetzt und war von strategischer Bedeutung zur Überwachung des Ärmelkanals.
Die fünf Tage auf der wunderbaren Insel mit französischer-britischer Lebensart vergingen wie im Flug. Jersey hat wunderschöne Strände, Küstenwanderwege, Täler und historische Festungen.

Impressionen von wunderschönen Urlaubstagen

 

Leider verging die Zeit zu schnell, und die Flugvorbereitungen für den Rückflug mussten gemacht werden. Die Route wurde einfach umgedreht. Der Flugplan wurde elektronisch eingereicht – zumindest wurde dieses durch mein Planungsprogramm bestätigt.

Am Tag des Abfluges war der Himmel, nach nächtlichem Regenfall, blau und die Wettervorhersage für die Strecke „Oskar“. Nach Rückgabe des Leihwagens und Erledigung der Formalitäten am Counter in der Aviator Bar des Jersey Flying Club konnte ich endlich die Schwimmweste anziehen und bis zur Apron Grenze rollen. Der Request für Taxiing wurde allerdings nicht genehmigt. Nach ca. 10 Minuten Sauna im nicht klimatisierten Cockpit erhielt ich die Meldung „no flight plan filed“. Der Tag begann nicht ideal. Es hieß aussteigen und im Aero Club den Flugplan neu aufgeben. Vermutlich hatte meine SkyDemon Software den Flugplan entgegen der Anzeige doch nicht aufgegeben. Dann stand endlich die D-EMFH auf der Anzeigetafel der Departure Flüge im Airport Terminal, offenbar macht man keinen Unterschied zwischen einer A319 und einer DA-20 ?.
Nach erneuter Sauna bei 15 Minuten Taxiing zur Bahnmitte und Warten auf abrollende Airliner hieß es endlich „DEMFH – cleared for takeoff runway 08“. Der Anweisung folgend konnte ich nach dem Start direkten Kurs auf die französische Küste Richtung Osten nehmen, allerdings bis maximal 1500 ft. Nachdem die Insel verlassen war wurde das Blau des Himmels immer intensiver. Dunst hatte sich gebildet und es gab keinen Unterschied mehr zwischen der See und dem Himmel. Eine äußerst unangenehme Situation. Sehnsüchtig nach der Küstenlinie Ausschau haltend und den künstlichen Horizont beobachtend ging es über das Meer. Und endlich nach einer gefühlten Ewigkeit trat die Küsten Frankreichs aus dem „Einheitsblau“ hervor. Nach Verlassen der Channel Island Kontrollzone konnte der Steigflug mit Erdsicht fortgesetzt werden.
Das Wetter auf dem Rückflug war prächtig, und selbst in 4200 ft herrschte eine Außentemperatur von 20 °C. Das führte dann aber auch zur Erhöhung der Öltemperatur mit Abfallen des Öldrucks. Sicherheitshalber meldete ich dieses der französischen FIS Stelle mit dem Hinweis, dass eine Landung auf einem an der Strecke liegenden Flugplätzen notwendig werden könnte. Die Frage „Do u want to declare an emergency“ beantwortete ich mit Nein, denn mittlerweile hatten sich die beiden Werte durch „Vollgaskühlung“ und Steigen auf 7500 ft normalisiert.

Der weiter Flug verlief nach dem Tankstopp in Albert Bray und einer geplatzten Tüte mit Salzstangen (Merke: vor Abflug die Tüte öffnen ?) sehr ruhig und unspektakulär.

..

Bei bestem Wetter wieder zuhause!

Nach einer Gesamtflugzeit von 10 Stunden 51 Minuten war die Heimatbasis EDFC wieder erreicht. Nach Ausräumen, Saubermachen (inklusive Aussaugen der Salzstangenkrümmel) und der abschließenden Schreibarbeit in den Logbüchern konnte dann auf der Flugplatzterrasse das wohlverdiente Landebier getrunken werden.

Schon bald sollte es auf die Nachbarinsel Guernsey gehen – aber das ist eine andere Geschichte …..

Rudolf Kunkel



    Für Piloten – bitte beachten: Neue Infos vom TWR!


    Wegen Handwerksarbeiten ist unsere Gaststätte vom 13.01. bis 11.02. geschlossen!

Aktuell



Für Piloten – bitte beachten: Neue Infos vom TWR!


Wegen Handwerksarbeiten ist unsere Gaststätte vom 13.01. bis 11.02. geschlossen!